Donnerstag, 29. Januar 2015


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Welcome California - Welcome different life
Ich buchte den Flug nach Los Angeles noch am Abend seiner Abreise. Obgleich mich meine Freundin Anna warnte, doch noch ein paar Tage ins Land ziehen zu lassen. Immerhin muesste man vielleicht erstmal von der totalen Euphoriewelle herunterkommen, um dann rational ueber alles nachdenken zu koennen. Und wenn ich da gar nicht von runter wollte? Immerhin konnte er ja schlecht einen Rueckzieher machen, wenn ich fuer fast 700 Euro einen Flug gebucht hatte, von Geld, was ich ja eigentich nicht mal hatte, aber das nur nebenbei. Nicht umsonst wurde einem immer wieder eingetrichtert: Was du heute kannst besorgen…na ihr wisst schon. Nie hatte ich mich auch nur im geringsten danach gerichtet und deshalb war es jetzt an der Zeit damit anzufangen. Ich war schliesslich reif und ueberlegt im Gegensatz zu frueher. ;)
Danach, hatte ich nichtsdestotrotz doch ein ganz schoen mulmiges Gefuehl, so vorschnell gehandelt zu haben. Denn Geld hin-oder her, hatte er keine Lust auf mich, koennte er mir das sagen, ohne dass ich die Moeglichkeit hatte am naechsten Tag mit einer Machete vor seiner Tuer zu stehen, um ihn zur Rede zu stellen. (Nicht, dass ich das in der Vergangenheit je gemacht haette!). Na gut, zeitnah war es schon moeglich, ich hatte ja immerhin den Flug gebucht. Aber sie wuerden mich mit Machete ja sicher niemals einreisen lassen. Sein Glueck!
In der Nacht aber, als er mir brav schrieb, dass er sicher in L.A. gelandet war und sich total auf mich freuen wuerde, bemerkte ich, dass alle Sorgen mal wieder umsonst gewesen waren. Manchmal machte ich den dritten Schritt vor dem Ersten und geriet unweigerlich ins Straucheln.
Die anschliessenden zwei Wochen vor meinem Flug waren nervenaufreibend. Ich war gespalten von einer totalen Freude ihn wiederzusehen und das erste Mal in die USA zu reisen. Und doch packte mich die Angst, was sein wuerde, wenn das alles nicht so lief, wie ich es mir vorstellte. Dann waere ich unfassbar enttaeuscht und koennte auch nicht mehr souveraen agieren. Das wuerde das Ende unserer noch zerbrechlichen Romanze bedeuten. Aber, hups, schon wieder ins Straucheln geraten.
Als haette ich die negativen Vibrations heraufbeschworen, begann ich bereits am Wochenende vor dem Flug gesundheitlich zu schwaecheln. Warum hatte mich meine Freundin auch ueberredet noch feiern zu gehen und mir die ganze Nacht um die Ohren zu schlagen. Oder besser, warum hatte ich mich ueberreden lassen, bei Regen und Kaelte mitten in der Nacht in der Duesseldorfer Altstadt herumzuschlendern, um doch nur zum Himmel zu beten, jetzt bitte nicht krank zu werden. Zu spaet! Als Ergebnis des wenigen Schlafs und der nassen Kleidung ereilte mich ein heftiger Husten mit allem was dazu gehoerte.  Aber mir blieben ja noch fuenf Tage, um mich auszukurieren, also locker bleiben. Doch an Stelle einer Besserung, verschlimmerte sich der Virus und einen Tag vor meinem Abflug, entschied ich mich spontan heute nicht in die Arbeit zu gehen. Mein Chef tobte! Was ich mir einen Tag vor meinem Flug denn erlauben wuerde. Ich braeuchte gar nicht wieder zu kommen. (Bloed wenn man mit dem Chef Perdu ist und er in alle Plaene eingeweiht war.)
Resigniert wagte ich mich dennoch ins Wartezimmer meines Hausarztes, umgeben von saemtlichen, bedrohlichen Keimen, um vorsichtshalber doch noch die Krankmeldung einzureichen. Mein Chef wuerde sich schon wieder beruhigen, redete ich mir ein. Er war diesmal allerdings mir zwei Schritte voraus. Aber dazu bald mehr.
Die ganze Nacht gehustet und doch froh, dass ich ein paar Stunden geschlafen hatte und mich nicht voellig erschoepft fuehlte, startete ich meine Reise am fruehen Freitagmorgen. Mein Papa drueckte mich zur Verabschiedung so fest, als wuesste er etwas, das ich noch nicht wusste. Ohnehin benahmen sich alle meine Freunde und Mitglieder meiner Familie so, als waere es ein Abschied auf unbestimmte Zeit, dabei war mein Rueckflug doch fuer neun Tage spaeter angesetzt. Wie recht sie behielten!
Der Flug war so unendlich lang und der Druck auf meine Nebenhoehlen so gross, dass ich am liebsten dreimal hinausgesprungen waere. (Und das trotz meiner Hoehenangst!!) Doch ich blieb brav sitzen, umgeben von schnarchenden Gangstern und Business-Leuten die einem nicht fuenf Minuten Schlaf gewaehrten, waehrend sie stolz von ihren Erfahrungen aus California berichteten. Mein Kopf droehnte und mich ueberkam ein Hustenanfall nach dem Naeachsten. “Vielleicht wuerde es Ihnen gut tun, mal ein paar Minuten zu schlafen, sie scheinen ja ganz schoen zu kraenkeln!”, sagte der gute Mann, mit spanischen Akzent schliesslich. Danke, gute Nacht!
Doch auch der schlimmste Albtraum geht mal vorueber und so landete ich ca. 20 Stunden spaeter (Zwischenlandung in Atlanta) in L.A.! Ich war geflasht von all den Lichtern (oder waren das die Drogen?). Gepaeck abgeholt, so konnte ich endlich meinen amerikanischen Traum in die Arme schliessen. Wortwoertlich! Doch er liess sich entschuldigen, er stuende im Stau und wuerde noch ca. eine halbe Stunde brauchen. Who cares. Ich wuerde heute alles durchstehen.
Und so siegten die Gluecksgefuele, als Justin eine Stunde spaeter (der Stau war heute echt besonders schlimm…sicher!) dann endlich aufkreuzte.
“Hungry?”, fragte er mich fuersorglich, waehrend ich nur automatisiert nickte. Ich hatte im Flugzeug ja nur Lachs mit Reis, Huehnchen und Nudeln, Cracker, Broetchen, Brownie, Cookies und am Fluhafen Atlanta vor Langeweile noch einen grossen Cupcake verdrueckt. Da ging noch was, ich war schliesslich in All-you-can-eat America und mein Saettigungsgefuel hatte mit dem Einschmeissen der dritten Schmerztablette irgendwie gleich mal mit ausgesetzt.
Also fuhren wir in den schnuckeligen Appartment-Komplex in Irvine um dort kurz am Market halt zu machen.
Justin bestellte mir einen Wrap (ich war in diesem Moment, gepeinigt von Schlafmangel und Erkaeltung, voellig ueberfordert) und zahlten. Die Kassierin fragte noch freundlich wie es uns ginge und was wir denn so fuer das Wochenende geplant haetten. Vielleicht eine Bekannte von Justin? Aber Pustekuchen, es schien hier voellig normal zu sein, wildfremde Menschen nach persoehnlichen Dingen zu befragen. Ganz schoen indiskret die Amerikaner. (Also nicht, dass ich nicht gerne aus dem Naehkaestchen plaudere…) Was hatte die gute Dame denn erwartet: “Mein Lover und ich haben uns einige Wochen nicht gesehen, er wird sich jetzt gleich fix Viagra einschmeissen und auf geht’s, die ganze Nacht! Und du so?”
Anschliessend fuhren wir die Restmeter zu seiner Wohnung. Es sah aus, wie aus dem Katalog. Der von Palmen umsaeumte Park war hell erleuchtet zwei Pools befanden sich seitlich. Es uebertraf alle meine Erwartungen und stimmte mich rundum Gluecklich.
Nach dem Essen legten wir uns ins Bett und ich schmiss mir zwei blaue Pillen ein. Kein Schreibfehler, tatsaechlich war mein Hustenstiller in Tablettenform blau und ermunterte mich dazu, doch lieber nochmal den Beipackzettel zu lesen. Alles hatte seine Richtigkeit und ich schlummmerte endlich erschoepft ein.

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