Samstag, 24. September 2016


Die Schwiegermutter Regel

Wie fange ich an? Ohne, dass irgendjemand etwas falsches ueber mich denken koennte. Ohne, dass SIE es komplett in den falschen Hals bekommt. Sollte sie sich ueberhaupt die Muehe machen, es irgendwann mal zu uebersetzen. Und selbst wenn: sie weiss doch ohnehin wie ich zu ihr stehe. Oder?
Ich mag meine Schwiegermutter, irgendwie, manchmal! Nein wirklich! Sie ist ein herzlicher guter Mensch, etwas launisch vielleicht, aber sind wir das nicht alle? Bestimmt liegt es an mir. Oder an der offen ausgesprochenen Regel, dass man seine Schwiegermutter einfach scheusslich finden muss, manchmal! Nein wirklich! Die meiste Zeit komme ich wirklich gut mit ihr aus!
Schlechtes Gewissen beruhigt, dann kann ich ja jetzt loslegen!
Es war vermutlich falsches Timing! Da kommt jemand in dein Nest und macht es sich dort so richtig bequem, ruelpst, pupst und schneidet sich die Zehennaegel auf dem Kuechentisch (naja ein bisschen Hohn muss sein). Na gut, sie reinigt es auch und besorgt das Futter…und widmet sich mit aller Hingabe dem fremden Nachwuchs, als waere es ihr eigener. Arrrrrgh!
Ich bekam einen schoenen Empfang, als wir aus dem Krankenhaus kamen. Alles war sehr gruendlich geputzt, gebohnert, ja fast steril, wie es mir schien. Ach ja stimmt, so sah der Fussboden zu Beginn mal aus. Eiche, massiv, schoen. Die Staubschichten entfernt und aus der Kueche erwartete mich ein angenehmer Duft nach frischer Huehnersuppe. Frisch zubereitet! So richtig mit ‘ganzem Huhn kochen’ und so. Toll! Aber wer macht sich in Zeiten von Maggi und Knorr noch die Muehe. Nur jemand der etwas plante. Der damit irgend etwas eigennuetziges erreichen wollte. Ganz bestimmt!
“Soll ich dir den Kleinen abnehmen, waehrend du isst?”, fragte sie fast beilaeufig, waehrend sie den riesigen Kochloeffel durch die Suppe gleiten liess. Aha!!
“Das waere nett!”, hoerte ich mich sagen und war mir in dem Moment selbst nicht ganz sicher, ob ich es so meinte.
Ich schluerfte meine Suppe, sie hielt das kleine Knaeuel, das ganz entspannt und zufrieden gluckste. Ich erwischte mich, wie ich hoffte es wuerde ganz fuerchterlich anfangen zu weinen. Am besten sollte es herzzerreissend nach seiner Mama bruellen. Nun mach schon! Puh, wie gemein ich doch war. Woher kamen nur diese finsteren Gedanken?
Auf meiner linken Schulter sass ein Teufelchen, das Justins Mutti als gefaehrliche Konkurrenz empfand und sie ganz schnell loswerden wollte, auf der rechten ein Engelchen, so eins mit blonden Loeckchen und weissem Spitzenkleidchen, dass furchtbares Bedauern fuer die dunklen Gedanken des Teufelchens empfand.
Und beide zerrten an mir und wollten mich ganz fuer sich allein. Hoffentlich schafften sie es nicht, mich komplett zu zerreissen.
“Du musst sie als Bedienstete sehen. Tue so, als waere sie eine bezahlte Nanny, die nur ihren Job macht und nach drei Monaten wieder gen Heimat fliegt! Und geniesse verdammt nochmal deine Freizeit, solange es geht!”, gab mir Rosalie, meine gute Freundin den Tipp.
Vielleicht hast du recht, dachte ich. Ich versuche mich in die Rolle der Hollywoodmamas reinzuversetzten, Angelina Jolie zum Beispiel. (Kurze Ausschweifung: auch schon gehoert, dass sie und Brad Pitt sich scheiden lassen? Whaaat? Seit Justin in Deutschland wohnt, geht es in Hollywood total den Bach runter!)
Zwei Tage funktionierte es. Dann fielen mir die Haare aus, hormonbedingt oder (schwiegermama-)stressbedingt oder weil sie mir mein Teufelchen auf der linken Seite herausrupfte. Extensions sind teuer. Ich muss das wohl so akzeptieren. Drei Haare auf dem Kopf und mindestens 3000 borstige an den Beinen. Und mein Kind heisst auch nicht Apple, Prince Michael oder North West. Nein! Ich bin kein Hollywoodstar. Und SIE ist nicht unsere Nanny. Sie ist nur eine verweifelte Dame mittleren, bis hoeheren Alters, die gerade eine gewaltige Midlife Crisis durchlebt und ganz zufaellig Niklas Oma ist! (Sorry, das Teufelchen hat gesprochen.)
Wenn sie wenigstens scheisse waere. Wuerde sie mir doch die durch die Geburt gelittene Schwabbelwampe taetscheln und eingestehen: “Wow, also wenn du nicht vorhast demnaechst 3-4 Stunden taeglich sit-ups zu machen, dann wird das dieses Leben aber nichts mehr mit der Bikinifigur.”
Stattdessen sprudelte sie laechelnd los: “Unglaublich, schau dir das an. Was fuer ein flacher Bauch und das drei Wochen nach der Geburt. Bald sieht der wieder aus, wie zuvor!” Siehst du, nette Schwiegermama, befand das Engelchen.
Wie soll ich ihr in so einem Moment meine Meinung sagen: “Oh vielen Dank fuer das Kompliment. Trotzdem gehst du mir sowas von auf die Nuesse mit deinem staendigen Einnehmen. Und nur weil du einige Jahrzehnte zuvor mal zwei mehr oder weniger gelungene Kinder in die Welt gesetzt hast, heisst das nicht, dass du die Weisheit mit Loeffeln gefressen hast.” Ich konnte das nicht, ich wollte das nicht, ich war feige! Und ueberhaupt war ich nicht ueberzeugt davon, dass ich im Recht war.
Dann wurde eben stille Post gespielt. Ich liess Justin wissen, wie ich empfand. Und er daraufhin seine Mutter. Die verbarrikadierte sich dann im Gaestezimmmer, den ganzen Abend, die ganze Nacht, den ganzen Morgen. Mich plagte das schlechte Gewissen. Warum war ich nur so inkonsequent? Ich klopfte und hoerte sie schluchzen. Ich drueckte sanft die Klinke hinunter und stahl einen Blick in den kleinen, dunklen Raum. Ihre Koffer waren bereits gepackt.

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