Donnerstag, 19. März 2015


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Fuer Freunde durch die Scheisse gehen…
Hektisch fischte ich mit der Klobuerste in der Toilette. Von Toilettenpapier ueber Schwaemmchen, bis hin zu Haarbuescheln fand ich alles vor, ein Desaster!! Als ich den offensichtlichen ‘Scheiss’ beseitigt hatte, spuelte ich noch einmal nach und musste konsterniert feststellen, dass das Becken ueberschwappte. Hektisch griff ich nach dem schneeweissen Plueschhandtuch, um zu verhindern, dass Wasser durch die Tuer rann. Ich fluchte murmelnd vor mich hin. Sollte ich Justin um Hilfe bitten? Zum Verrecken nicht! Todesmutig fasste ich mit blossen Haenden ins Klo. Ein kurzer Schwall der Uebelkeit ueberkam mich, der mir erfolgreich zu unterdruecken gelang. Noch mehr ‘mess’, wollte ich dem ueberforderten Lokus keinesfalls zumuten.  Anschliessend ergriff ich den Muelleimer um das Wasser abzuschoepfen. Ich spuelte noch einmal nach. Wieder stieg der Pegel, wieder schuettete ich ueberfluessiges Wasser  ins Waschbecken. Nachdem ich diesen Vorgang einige Male wiederholt hatte, wurde Justin hellhoerig.
“What the hell are you doing?”, schimpfte er bissig.
“Nichts!”, log ich mit bebender Stimme. Jetzt nicht den Kopf haengen lassen, wobei ich schon bis zum Hals in der Scheisse steckte.
Gemaechlich bummelte ich zum Bett.
“I think the toilet is broken”, whisperte ich ihm erotisch hauchend ins Ohr. Bedauerlicherweise fehlte in meinem Vokabular noch das passende Wort fuer ‘verstopft’. Ich wollte mit meinen unsittlichen Haenden auch ungern mein Telefon beflecken, um zu googlen. So klang meine Aussage dramatisch und liess Justin erschrocken aus dem Bett schnellen.
“Du hast die Toilette kaputtgemacht? Ist das dein Ernst?” Unter seine raue Stimme legte sich ein resignierender Unterton.
“Naja, ich habe noch versucht ins Klo zu fassen, um Schlimmeres zu verhindern.” Mit dieser bescheuerten Ehrlichkeit schaffte ich dies nun leider nicht. Warum konnte ich nicht einfach mal die Klappe halten.
“Du hast in die Toilette gefasst? Widerlich!” Er schuettelte sich antipathisch.
“Ich habe mir danach die Haende gewaschen, sag mal hast du eigentlich irgendwo Seife?”
Er starrte mich abschaetzig an und schuettelte unglaeubig den Kopf.
“Aus welchem Dorf in Hinterafrika kommst du eigentlich. Du bist ein totales ‘Village-Girl’!” Der Bann war gebrochen. Nun prusteten wir beide vor Lachen.
“Haettest du etwas gesagt, haetten wir bis Morgen gewartet und den Fachmann rangelassen!”, fauchte er. Naja, wenn meine aufopferungsvolle Hingabe wenigstens zu einer entspannteren Stimmung gefuehrt hatte, war es das in jedem Fall wert gewesen, dachte ich, waehrend ich meine klammen Haende unter der Bettdecke verschwinden liess.
Als wir am naechsten Morgen mit voller Blase, aber bester Stimmung aufwachten, galt Justins erster Griff dem Telefon.
“Meine Freundin hat das Klo verstopft, das muesste sich mal jemand anschauen!”, gab er kund. Ach tatsaechlich!? Jetzt war ich ploetzlich seine Freundin. Vielleicht sollte ich noch fuenf mal in die Scheisse fassen, bevor er mir dann den Heiratsantrag macht. Toilette, repariert, Beziehung auch, alles war wieder in bester Ordnung.
Widmen wir uns nun einem ganz anderem Thema. Was sollte ich eigentlich drei Monate lang, ohne Arbeitserlaubnis und Freunde, in einem fremden Land machen? Die ersten paar Tage waren bereits verplant. Ausschlafen, Pool, Strand, Essen, Beeeeep, Cocktails schluerfen. All das, was man im Urlaub eben so so machte, wenn man sich von den Strapazen des Alltags erholen musste. Naja, bei mir waren es vermutlich eher Strapaetzchen gewesen, aber, who cares, ICH wollte Urlaub!
Nach der Zeit des Welpenschutzes legte mir Justin ans Herz, ich solle so gut es geht versuchen, mir in den drei Monaten ein Fundament fuer die Zukunft zu legen. Ein Deutscher haette es vermutlich weniger romantisch ausgedrueckt: Freunde finden, zu Geld kommen, Sprache lernen!
Irgendwie schien mir das mit den Freunden am wenigsten nervenzehrend, weshalb ich beschloss damit zu beginnen. Ich eroerterte ein breites Spektrum an Moeglichkeiten zu Kontakten zu kommen. Da gab es zum Einen eine Deutsch-Kalifornische Gruppe bei Facebook, der ich mich neugierig anschloss. Waere fuer den Anfang doch schoen , mit deutschen Auswanderern zu kommunizieren und sich zusaetzliche Tipps einzuholen. Warum nicht einfach zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und kindlich naiv mal die Frage nach “Arbeiten, ohne Greencard-Moeglich oder nicht?” vom Stapel lassen. Oh, mein Gott!! Was hatte ich da nur angefacht. Eine Diskussion, die sich ueber Tage und mehrere hundert Kommentare hinzog und von Vorwuerfen, wie dumm ich waere, bis hin zu “Als Frau muss man da nur die Beine breit machen!”, alles enthielt. Ich war verstoert!
Vielleicht sollte ich es doch mit amerikanischen Freunden versuchen. Grundsaetzlich habe ich dabei festgestellt, dass die Kalifornier, unabhaengig ob Maennlein oder Weiblein, sehr viel offener, als die Mitteleuropaeer sind. Das kam mir als “zwischendurch ohnehin etwas ‘over the top’ –Girlie” ohnehin entgegen.
Ob oberflaechlich oder nicht, ueber ein paar freundliche Worte, ein nettes Laecheln und eine kurze, knackige Konversation, freut sich doch jedermann. Auch, wenn man, sobald man aus dem Gesichtsfeld verschwunden, auch aus den Gedanken gestrichen ist. Aber man fuehlt sich gemocht.
Um allerdings tiefgehendere Freundschaften aufzubauen, braucht es im Sueden Kaliforniens etwas mehr. Diese kurze, knackige Konversation zwanzig Mal fuehren, damit man beim 21. Mal dann wiedererkannt wird. Ach du bist doch die mit dem niedlichen deutschen Akzent richtig? Puh, sah ich denn so 0815 aus? Zugegeben, das war etwas deprimierend. Wie musste es dann erst Amerikanern gehen, die diesen schnuckligen Akzent nicht hatten. Wurden die dann erst nach dem 40. Gespraech anhand ihren Nasenhoeckers als “Schonmal-gesehen” identifiziert?
Dann vielleicht doch wieder auf die Facebookgruppe zurueckgreifen, die mir schon bald mehr einbringen wuerde, als ich zu diesem Zeitpunkt noch vermutete.

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