Dienstag, 24. Februar 2015


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Frische Liebe, alter Slip
Meine Eltern waren bedient. Keine zehn Minuten auf deutschem Boden und schon war Justin wieder Thema Nummer 1…und 2…und 3! Er spukte wie ein Geist in meinem Kopf herum und verscheuchte alle anderen sich anschleichenden Gedanken, als waeren sie laestige Parasiten. Wie sollte ich denn in meinem Leben wieder Fuss fassen, wenn er meine Knie mit jeder Message so weich klopfte, dass ich saemlichen Halt verlor? Ein unmoegliches Unterfangen. Er sprach von Heiraten und gemeinsamen Kindern und ich sah mich schon, wie ich als gut belaibte American Mummy ‘Brodey’ und ‘Taylor’ ihre Cornflakesschalen mit Milch aus riesigen Kanistern auffuellte, waehrend im Hintergrund Pancakes brutzelten. Mist, der Ahornsirup war aus, aber wir bewahrten ja noch 3 Flaschen im ueberdimensionalen Vorratsraum auf. An American Dream!
Ich glaube nicht, dass ich in meinem Freundeskreis mit einer Aussage mehr haette polarisieren koennen, als mit der, dass ich fuer einige Zeit in die Staaten gehen wuerde…fuer einen Mann…mit dem ich nichtmal zsammen war…ohne Geld…ohne Familie…ohne Freunde! Ich erntete von Neid, ueber Bewunderung, bis hin zu: “In einem stillen Moment lassen wir sie von den Leuten in den weissen Kitteln holen!”-Blicken! Ich konnte mich darueber nicht aergern, da ich ja schliesslich selber wusste, dass man etwas abgedreht sein musste, um so schnell, so viel zu riskieren.
Doch als mir die Tragweite dessen bewusst wurde , sass ich schon wieder im Flieger, diesmal ohne Eier im Gepaeck, aber mit buchstaeblich mehr Eiern in der Hose.
Die Sache fing schon fuenf Minuten nach dem Start gewaltig an zu wackeln. Es war ein heftiger Sturm Richtung London angekuendigt, wo ich umsteigen sollte. Dieser Orkan verzoegerte den Flug nicht nur um fast eine Stunde, sondern stellte auch meinen Magen vor eine gewaltige Herausforderung. Naja, zwei Kilo sollten ohnehin noch runter. Doch damit nicht genug: Ich starrte die ganze Zeit auf die Uhr, da ich einen ziemlich engen Zeitplan hatte und keinen grossen Spielraum mehr. Und dieser Flughafen war ironischerweise auch noch einer der groessten der Welt. Zum Glueck sprach ich einige Deutsche an, die dasselbe Problem hatten.
Wir verpassten unseren Flug tatsaechlich . Ich hatte mich immer gefragt, wie jemand so bloed sein konnte einen Flug zu versaeumen, aber es war ganz einfach.  Ich war es nun, die nicht mehr in die Boarding Zone gelassen wurde. Meine Gedanken mal eben die Brust zwecks weiblicher Reize als Irritation freizulegen, verdraengte ich schnell wieder. War ja aufgrund ernsthafter Beziehungsambitionen hier und nicht um ‘American Pie’ fuer Arme nachzustellen.
Ich musste die Nacht in London verbringen. Wohl wahr, andere haetten es wohl gefeiert eine Nacht im 4 Sterne Resort in einer der geilsten Staedte der Welt zu verleben und auf deren Kosten einen Tag in Saus und Braus zu verweilen. Nicht so Lisa in Love! Sie war stets auf der Suche, nach einer funktionierenden W-Lan Verbindung, um ihrem desillusionierten Schatz die volle Aufmerksamkeit auch ohne ihre Anwesenheit geben zu koennen. Sie verlor schliesslich einen von 90 moeglichen Tagen ihres Aufenthalts. Flexibel genug, um innerhalb eines Monats alle Zelte abzubrechen, aber zu dogmatisch, um noch ein paar Stunden laenger zu warten, ohne sich die ganze Zeit zu fragen, warum gerade ihr das passieren musste.
Immerhin lernte ich zwei nette deutsche Jungs und ein Maedel kennen, die zwecks Studiums nach Suedkalifornien reisten und ass mit ihnen zu Abend (Wow, ‘ass’ hat auf dieser amerikanischen Tastatur etwas echt unanstaendiges!) Vielleicht meine ersten Freundschaften, die ich auf meiner Reise  schloss.
Am naechsten Morgen ging es weiter. Sensibilisiert schlug ich drei Stunden vorher bereits am Flughafen auf, um nicht einen weiteren Tag in England zu verplempern. Ob es daran lag, dass ich mich am Morgen nicht rasiert hatte (Rasierer war im Koffer, Koffer ueber Nacht am Flughafen), oder ich eine Nietenleggins trug, deren Ornamente der Munition eines Revolvers glichen, dass ich gleich zweimal meine komplette Tasche dem breitgefaecherten Publikum offenbaren musste. Da war auch meine Anmerkung, ich haette wirklich keine Eier dabei, nicht gerade zutraeglich.
Irgendwann sass ich aber tatsaechlich im Flieger und wuerde meinem Schatz nun von Minute zu Minute naeher sein. Faszinierend, welch selbsttherapeutische Wirkung doch das Schreiben meiner eigenen Geschichte hat. Irgendwie war mein Verhalten tatsaechlich als leicht befremdlich einzustufen. Vielleicht sollte ich anfangen eine Autobiografie zu schreiben. Die Chance, dass ich danach ansatzweise normal bin, scheint gar nicht so abwegig.
Ich landete elf Stunden spaeter im bewoelkten L.A. Nun nur noch durch die Passkontrolle und den Koffer einsammeln. Und dann wuerde ich ihn tatsaechlich wieder sehen. Ein grandioses Gefuehl!
Nachdem ich gefuehlte zehn Koffer nach ihrem Namen ueberprueft hatte (mein naechster Koffer wird neonpink, ganz bestimmt), fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Mein Gepaeck schien es sich noch in London gutgehen zu lassen. Etwas gereizt stuermte ich gen Ausgang, an dem Justin mit Blumen auf mich wartete. Keine Begruessung wie sie im Buche stand. Ich umarmte ihn nur fluechtig und er schien verunsichert. Dabei dachte ich doch mal wieder nur an ihn. Wer wollte schon neben einem Maedel aufwachen, dass seit drei Tagen den selben Slip trug. Und wer wollte schon neben einem Kerl aufwachen in einem seit drei Tagen benutzten, leicht fischig riechenden Slip. Alles nicht so optimal!
Als ich den palmenumsaeumten Apartmentkomplex jedoch einige Zeit spaeter erspaehte, war alles andere nebensaechlich. Ich hatte augenblicklich wieder das Gefuehl, dass ich hier goldrichtig war. Gut, der Slip began langsam zu pieken, vielleicht musste mal Luft dran. Also so ganz allgemein. An meinen Koerper. Raus aus den verschwitzten Klamotten. Dauerte nicht mehr lang. War wunderschoen.

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California: Meine Geschichte, mein Abenteuer

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